Analfisteln und Analabszesse

Als Analfistel bezeichnet man ein unnatürliches Kurzschlussverbinden, das vom schließmuskelnahen Enddarm oder vom Afterschließmuskel ausgeht und sich in den meisten Fällen durch den Schließmuskel zur umliegenden Haut ausdehnt. Es sind jedoch auch andere Verläufe von Fistelgängen möglich, zum Beispiel zum Hodensack, zur Steißbeinregion oder nach innen zum Becken hin.

Die Mehrzahl dieser Fisteln entsteht durch Entzündungen von Drüsen des Afterschließmuskels, den sogenannten Proktodealdrüsen. Die meisten liegen zwischen dem äußeren und dem inneren Afterschließmuskel. Die Drüse produzieren Flüssigkeit, die über einen kleinen Gang in den After abgesondert wird. Kommt es zu einem Verstopfen dieses Ganges kann sich die Drüse entzünden und hierdurch einen Abszess, also eine eitrige Entzündung ausbilden. Der Eiter fließt meist nicht über den normalen Ausführungsgang zum After hin, sondern sucht sich einen anderen Weg. Er kann sich zwischen dem äußeren und dem inneren Schließmuskel (intersphinktere Fisteln) nach unten zur Haut der Aftergegend oder aber auch nach oben, zum Beckenboden hin ausdehnen, oder er bricht durch den äußeren Schließmuskel durch (transsphinktere Fisteln) und kann sich dann im Fettgewebe des Gesäßes ausbreitet. Es können dann schwere Vereiterungen mit Bildung sogenannter Hufeisenabszesses entstehen, die zu erheblichen Zerstörungen des Gewebes und langfristigen Funktionseinschränkungen führen können. Aus diesem Grunde sind Abszesse in der Aftergegend als relative Notfälle anzusehen und müssen möglichst früh entlastet werden. Das Ziel dieser Operation besteht in der vollständigen Entlastung des Abszesses. Das heißt, es muss durch eine Operation dafür gesorgt werden, dass der Eiter zuverlässig nach außen abfließen kann.

Eine einfache Entlastung des Abszess führt oft nicht zur definitiven Heilung. Der Grund ist, dass mit der einfachen Entlastung die Drüse, aus der die Entzündung ihren Ausgang nahm, nicht entfernt ist und eine bleibende Verbindung zum Darm oder Afterkanal über den Ausführungsgang der Drüse bestehen bleibt. Bei jedem Stuhlgang kommt es zu einem Übertritt von Darmbakterien in die Abszesshöhle. Durch die Heilungsmechanismen des Körpers wird nach einer Eröffnung des Abszesses die Höhle zwar nach und nach kleiner, es kommt aber nicht zu einem definitiven Abheilen. Meist verbleibt auch nach Monaten noch ein kleiner Gang, den wir als Analfistel bezeichnen. Verschließt sich die äußere Öffnung, kann es erneut zur Abszessbildung kommt.

Das Ziel der Operativen Behandlung besteht daher in der möglichst definitiven Sanierung von Abszess und Fistel und hiermit der der Erkrankung zugrundeliegenden entzündeten Drüse.

In der Notfallsituation ist der Fistelgang manchmal nicht zu identifizieren, so dass man sich auf eine einfache Spaltung des Abszesses beschränken muss. In diesen Fällen sollte aber eine gezielt Nachuntersuchung und bei Ausbildung einer Fistel eine erneute Untersuchung in Narkose zur Sanierung der Fistel erfolgen.

Wenn bei der Operation des Abszesses eine Fistel nachweisbar ist, sind in Abhängigkeit vom Verlauf des Fistelganges verschiedene Behandlungsoptionen denkbar: Hat der Abszess nur eine kleine Muskelportion unterhöhlt, kann diese bei der Primäroperation mit durchtrennt werden(Fistelspaltung, Fistulotomie). Dieser Eingriff setzt eine große Erfahrung in der proktologischen Chirurgie voraus. Wir blicken jedoch auf eine operative Erfahrung bei mehreren Tausend Fisteln und Abszessen zurück, dass wir mit ausreichend hoher Sicherheit die Situation richtig einschätzen können.

Hat der Abszess eine größere Muskelportion unterhöhlt, die nicht ohne Risiko für eine Kontinenzeinbuße durchtrennt werden kann, wird der Abszess durch Spaltung des umliegenden Gewebes unter Erhalt dieser Muskelportion gespalten. In den Fistelgang wird dann zunächst ein Drainagefaden eingelegt, der alleine den Gang nicht zur Ausheilung bringt aber dafür sorgt, dass sich entlang des Fistelganges kein erneuter Abszess ausbildet und gleichzeitig zu einer Stabilisierung des Ganges führt, was die in einer zweiten Sitzung notwendige definitive Fisteloperation erleichtert (Fadendrainage).

Zur definitiven Versorgung von Analfisteln verfügen wir über Erfahrungen mit verschiedenen Operationsmethoden. 

Plastischer Verschluss der inneren Fistelöffnung

Das Grundprinzip basiert auf dem Nahtverschluss der darmseitigen Fistelöffnung. Wir schälen den Fistelgang unter Erhalte der gesamten Muskulatur aus dem Schließmuskel heraus und Nähen dann darmseitig die innere Fistelöffnung zu. Da die alleinige Naht jedoch keine sichere Abdichtung der inneren Fistelöffnung gewährleistet präparieren wir aus der Darmschleimhaut und Teilen der Enddarmwand einen Schleimhaut-Muskelläppchen (Mukosa-Muskel- Flap) der als zweite Schicht die Naht der der inneren Fistelöffnung überlappend abdichtet.

Wir führen diese Operationen nur nach kompletter Darmvorbereitung, das heißt Abführen wie zu einer Darmspiegelung durch. Nach der Operation wird der Darm durch eine Ernährung über die Vene ”stillgelegt”. Zusätzlich geben wir für diesen Zeitraum Antibiotika über die Vene. Das heißt, eine Fisteloperation mit plastischem Verschluss der inneren Fistelöffnung ist meist mit einem stationären Aufenthalt von ca. einer Woche verbunden. Trotz all dieser Maßnahmen und einer langjährigen Erfahrung in der Fistelchirurgie liegt die Erfolgsquote dieser Methode bei nur 60-70%. Oberflächliche Fisteln werden aus diesem Grunde eher durch eine Spaltung des Fistelganges behandelt, da hierdurch eine wesentlich zuverlässiger Ausheilung der Fistel zu erzielen ist.

Fistelplug

Eine neuere Methode zur Behandlung der Analfistel ist das ”Auffüllen” des Fistelganges mit einem sogenannten Fistelplug. Dieser Besteht aus einem speziellen Bindegewebsmaterial, welches das Ausheilen des Fistelganges begünstigt. Der Vorteil dieser Methode liegt in der nahezu vollständigen Schonung des Afterschließmuskels. Ähnlich wie beim plastischen Verschluss der inneren Fistelöffnung führen wir den Eingriff nach kompletter Darmvorbereitung durch und entlasten den Darm zumindest für drei Tage.

Leider zeichnet sich auch diese Methode durch eine hohe Versagerquote aus, die nach aktuellen Studienergebnissen und auch eigenen Erfahrungen noch etwas höher liegt, also beim operativen Verschluss der inneren Fistelöffnung mit einem Schleimhaut-Muskelläppchen. Wir setzen die Methode daher derzeit nur als Methode der zweiten Wahl ein.

Fistelspaltung und Rekonstruktion des Afterschließmuskels

Als Alternative zur Fistelausschälung mit plastischem Verschluss der inneren Fistelöffnung kann auch bei hohen Fisteln der Gang gespalten und der Afterschließmuskel in gleicher Sitzung durch eine Naht der durchtrennten Schließmuskelanteile rekonstruiert werden. Die Ergebnisse sind denen der erstgenannte Methode weitgehend vergleichbar. Der Vorteil der Methode ist, dass durch die Spaltung des Fistelganges Seitengänge besser identifiziert und saniert werden können. Der Nachteil besteht darin, dass ein gewisses Risiko für ein Heilungsstörung des genähten Afterschließmuskels besteht, wodurch dieser letztlich doch eine ähnliche Schädigung erfahren kann, wie nach einer alleinigen Fistelspaltung ohne Rekonstruktion.

Liegt nach einer Fistelspaltung ein größere Defekt des Afterschließmuskels vor der zu einer höhergradigen Inkontinenz führt, kann der Muskel auch später (zweizeitig) genäht werden, ähnlich wie man es zur Behandlung einer geburtsbedingten Schließmuskelverletzung tut (siehe anteriore Sphinkterplastik). Die Ergebnisse sind jedoch nicht so überzeugend, dass man die Methode der Fistelspaltung und zweizeitigen Rekonstruktion als Standardmethode anwendet.